|
Zur Startseite |
Inhalt Register |
< voriges Gedicht nächstes Gedicht > |
Luise (1798- |
Hensel
1876) |
|
Anne Marie Sie zog mit kleiner Habe Zum reichen Bauern hin, Doch manche schöne Gabe Hat ihr Natur verlieh'n. Des Hofes jungem Erben Lacht sie in's Herz hinein; Da will er lieber sterben Als eine And're frei'n. Der harte Vater schmähet Und treibt die Magd hinaus. Ob auch der Jüngling flehet: Die Maid verläßt das Haus. Sie dient im Nachbarhause Um kärglichen Gewinn Und Nachts aus armer Klause schaut sie zum Hofe hin. Der breitet weit und düster Vor ihrem Blick sich aus; Der Birnbaum und die Rüster Verbergen schier das Haus. Und wenn ein trübes Leuchten Sich durch die Zweige bricht: Dann reiche Thränen feuchten Das stille Angesicht. Im Herzen nagt der Jammer, Zernagt des Lebens Kern; Bald trägt zur armen Kammer Der Priester Gott, den Herrn. - Als Braut des Bauernsohnes Verschmäht, du arme Maid, Bist werth du nun des Thrones Der höchsten Herrlichkeit. Er, aller Himmel König, Hat dich zur Braut erwählt; Ihm bist du nicht zu wenig, Er hat sich dir vermählt. O, lache nun der Thränen, Die thörig du geweint, Als noch dein krankes Sehnen Den Erdensohn gemeint. O, schlage hoch die Schwingen, Die mild der Tod befreit: Du sollst nun aufwärts dringen Zum Thron', der dir bereit. - Die Glocken festlich läuten, Die Jungfrau'n-Kerze scheint, Geschmückt die Träger schreiten Und manches Auge weint. Die Priester milde beten, Geh'n mit dem Kreuz voran, Und die Gespielen treten Im grünen Kranz heran. - Es schwankt vor seiner Thüre Die Bahre hoch empor - Ob dort wohl Einer spüre Daß er ein Herz verlor? - |