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Lisa
(1877-
 
 Baumfeld
1897)
 
 
 
An den Meister
 
         »Es war ein Räthsel an ihm ...« (Ibsen.)
 
- - - sie haben oft vom Frühlingshauch gesungen,
Und von dem Blust, der allen Menschen blüht,
Und wohlverständlich war das Lied der Menge ...
 
Fernab, in Nordens meerumbraustem Eiland,
Träumt, abseits von dem Allerweltsgestade -
Ein einsamer Mann seines Lebens Gedicht.
 
Und die Menge hört seine seltsamen Worte
Und hört sie kopfschüttelnd und wandelt weiter
Und kann die Worte nicht versteh'n.
 
Denn die Rosen, die seiner Leier entblühen,
Sind bleiche, fremdartig brennende Blumen,
Die einen mit glutheiss beklemmendem Athem -
Durchleuchten, darchbeben, erzittern machen -
Halb dämm'rig bekannt und halb räthselhaft raunend.
 
Es ist die kranke, bleichbrennende Blume
Der kranken, bleichbrennenden Menschenseele;
Der Menschenseele süssschauriger Athem
Pulst glühend in seiner Dichtung Born ...
 
Und Töne erklingen darin, wie verträumtes,
Nur halb begriff'nes, wolkiges Sehnen,
Und schwellendes, blühroth lebendiges Leben,
Und tobender Zweifel nachtdüst're Dämonen -
Und wieder das ferne, verschleierte Säuseln ...
 
Und die Menge höret die seltsamen Worte,
Und hört sie kopfschüttelnd, und wandelt weiter
Und kann die Worte nicht versteh'n.
 
Denn über allem schwebt ewig das blaue,
Das weltendurchraunende, ewige Räthsel ...
 
Nur manchmal in der menschenreichen Wüste,
Zuckt' wo ein irres sehnsuchtsmüdes Herz,
Das jene Klänge aus des Meisters Leier
Heisshungrig einsaugt und erbebend fühlt,
Dass drin ein Echo seines tiefsten Selbst klingt ...
 
Erbebend fühlt es, wie um seine Wunden,
Um aller Menschheit ewig Wundenmal,
Der fremde Meister seine blasse Hand legt;
- 's ist eine feine, weiche, seid'ne Hand -
In ihrem Druck bebt Liebe, lauter Liebe ...