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Friederike
(1765-
 
 Brun
1835)
 
 
 
Die Gedanken
Am Albanersee
 
Rings von Kühlung sanft umgossen,
  Ruhend in des Haines Schooß,
Von der heil'gen Fluth umflossen,
  Wieg' ich mir Gedanken groß;
Töne schweben hin und wieder
  In dem leichten Blätterspiel,
Bilder tauchen auf und nieder
  Aus der Woge tief und kühl.
 
In der Grotte leicht umschleiert,
  Wo das Brünnlein perlend quillt,
Weilt die Schwermuth still und feiert
  Ihrer Sehnsucht holdes Bild!
In des hellen Aethers Räume
  Steigt des hehren Berges Haupt,
Und jahrtausendalte Bäume
  Halten ihm die Stirn umlaubt.
 
Tief im grünen Uferkranze
  Ruht Albano's dunkle Fluth,
In der Wolken leichtem Tanze
  Schwebt des Abends Purpurgluth;
Schimmer sinken leis' hernieder
  In das tiefgesenkte Blau,
Und auf luftigem Gefieder
  Trinkt die Lerche Himmelsthau.
 
Aus der duftumglänzten Ferne
  Ragt Tiburnus' Haupt empor,
Und es steigen gold'ne Sterne
  Aus des Meeres Schooß hervor;
Dort, wo nun das Höchste trauert,
  Was die Zeit hervorgebracht,
Sank von Wehmuth trüb umschauert
  Phöbos hin in Roma's Nacht!
 
Steigen einst die Flammenrosse
  Aus Saturnus Burg herauf?
Bändigt mit dem Lichtgeschosse
  Er der Zeiten wilden Lauf?
Setzt er seinen Ahnherrn wieder
  Auf den alten Segensthron?
Kehrt Asträa siegreich wieder,
  Und vertheilet Straf' und Lohn?
 
Tönen frohe Hirtenflöten
  Wieder durch Evanders Wald?
Schwebt durch stille Abendröthen
  Numa's heilige Gestalt?
An Camilla's Sarkophage
  Trauert noch der Nymphen Lied?
Und ertönt Diana's Klage
  Noch um ihren Hippolyt?
 
Hin und wieder sanft gezogen
  Schwebt Mnemosyne dahin,
An des alten Tibris Wogen,
  Mit erinn'rungsvollem Sinn;
Ihres Götterbusens Fülle
  Schwellt der Thaten Vollerguß;
Und in dieser heil'gen Stille
  Schöpfet ewig sie Genuß!