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Clara (1861- |
Müller
1905) |
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Das Weib Ich sah das Weib, wie tiefer Sehnsucht voll es auf den dürren dornenbewehrten Äckern nach Paradiesen suchte, - sah das Weib, von dunklem Fluch gehetzt, mit blutenden Füßen durch die Wüsten irren ... Ich sah das Weib, von Gotteskraft gesegnet, die allen Fluch in lauter Licht verwandelt: sah, wie es Mutter ward Gebärerin der kommenden Geschlechter, und in den Augen der Gemarterten, die opferfroh mit tausend Toden rang und tausend Leben gab, - in ihren Augen las ich diese Lieder: Aus Felsenöde von zerklüftetem Berggrat in den lichtlos fahlen Morgenhimmel ragt ein Kreuz. Über dem Kreuz schwebt auf schweren, schwarzen Schwingen - wie ein nachtgeborner sehnsuchtgetragener Schmerzgedanke - ein Königsadler einsam und lautlos in der dämmernden Frühe dahin ... Am Kreuz aber hängt, in Ketten geschlagen, sich windend in blutiger Qual, ein Menschenleib - der nackte Körper einer Frau. Jeden Muskel gestrafft an den weißen, zuckenden Armen, das Haupt geneigt und die starrenden Blicke hilfesuchend nach Ost gerichtet - auf den heißen, vertrockneten Lippen die stöhnende Frage, den Schrei nach Erlösung: »Wie lange noch, Herr - oh, Herr, wie lange noch? -« Nur ein Wolkenschatten geht über die Gefilde. und aus der Wolke - von einem Heiligenschein aufflammender Strahlen umgeben - blickt ein Dulderantlitz, neigt ein dornengekröntes Heilandshaupt schmerzvoll lächelnd sich dir entgegen. Seine Augen suchen die deinen - und die gequälten, dürstenden Lippen zucken und stammeln, als wollten sie reden, helfen und trösten und Antwort dir geben auf deine stöhnende Frage - und wissen keinen Trost und finden keine Antwort ... Nur ein Wolkenschatten geht über die Gefilde. |