|
Zur Startseite |
Inhalt Register |
< voriges Gedicht nächstes Gedicht > |
Maria (1859- |
Janitschek
1927) |
|
In Glorie Er kleidete in weiche Seide sich und trank von Weinen, davon jeder Tropfen so teuer kam wie eine edle Perle. Sein Haus, mit Werken hoher Kunst geschmückt, umgab ein Park, in dem die schönsten Vögel, die Nord und Süd gebiert, ihr Preislied sangen. Wo Park und Wald zusammenstießen, lag ein silberklar Gewässer. Sommernachts, wenn Mondlicht auf den weichen Fluten spielte und aus dem Thale sanfte Flöten tönten, gab er des Leibes heiliges Geheimnis den Wassern preis, und küßte junge Schwäne, die, ihre Flügel öffnend, zu ihm schwammen. Ein zärtlich Lächeln lag um seinen Mund, in seinen scheuen märchentiefen Augen, den weichen Kinderaugen; und doch war ein Tiger dieser Mensch .. der Purpurtrank, den seine Lippen schlürften: rauchend Blut, das Haus des Friedens, drin er wie ein Priester im weißen Kleide hinschritt, aufgebaut aus Raub und Diebstahl. Mit der Priestermiene ging er am Sonntag Morgen auf die Flur und zwang mit seines Willens wilder Kraft die stillen thaubenetzten Sommerblumen, daß sie ihr innerstes Geheimnis ihm ins lauschbegierige Ohr bekannten, zwang das leichtbehufte Roß auf weiter Pußta, den singenden Delphin in blauer Meerflut, den lavaroten Krater, weiße Gletscher, den goldnen Mittag, die Johannisnacht, die Sphinx: das Weib, daß alle alle sie, von seinem wilden Wissensdurst bedräut, ihr letztes heiliges Mysterium ihm offenbarten. Und er? Schreiend vor Lust, dem Adler gleich, der die gewonnene Beute zur Sonne trägt, entfloh in dieses Thal, und baute aus dem Golde der Erfahrung sich hier sein Königshaus. Er war ein Dichter. |