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Louise
(1777-
 
 Brachmann
1822)
 
 
 
Meine Wahl
 
Du gehst dahin? O, mein Geliebter, weile,
nur einen Augenblick noch bleib' zurück!
Vielleicht schon warten dein des Todes Pfeile
in blut'ger Schlacht, erfüllend dein Geschick!
Wo ich mit dir denselben Aether theile,
verläng're noch den sel'gen Augenblick!
Vielleicht, daß nimmer wir uns sehn hienieden,
Leb' wohl! Dir folget meines Herzens Frieden.
 
Doch nein! nicht Kummer ist's, was ich empfinde!
In Einklang löset sich der herbe Streit!
Wer wehrt es mir, daß da mein Glück ich finde,
wo Thränen nur ein streng Verhältnis beut?
Daß Seele sich mit Seele fest verbinde?
Daß ewig dir dieß treue Herz sich weiht?
Hielt dich ein streng, ein heilig Band umfangen,
mir g'nügt es, dir, anbetend, anzuhangen!
 
Mir g'nügt es, wenn der Reine, Gottgeweihte,
getrennt von mir, erfüllt die ernste Pflicht,
daß ihn mein Geist mit Sehnsuchtsflug begleite,
daß einst mein Auge mit dem seinen bricht!
Entfernt von dir, bin ich dir stets zur Seite;
Dein süßes Bild macht meine Nächte licht!
O glücklich, könnt' auch ich dein strenges Leben
mit einem sanften Rosenflor umweben.
 
Du dürfstest nicht um meine Liebe werben?
Versagt sey dir das Ziel der Erdenlust?
Ein bess'res Glück werd' ich auf Erden erben? -
- - O, wo ist Glück, als an der Liebe Brust?
Als deine Braut, Geliebter, lass' mich sterben!
Mir ist kein and'res, schön'res Loos bewußt!
Kein Sterblicher soll mich als Gattin grüßen! -
Dein bin ich, dort, wo ew'ge Myrthen sprießen!
 
Hienieden wird der Musen heil'ges Streben
zur Thätigkeit die junge Kraft mir weihn!
Du wirst zu schönern Träumen mich erheben,
wirst meinen Tönen süßen Klang verleihn!
In meinen Liedern wird dein Bildnis leben,
So bin ich ganz mit Seel' und Kräften dein.
Ist deiner Sängerin ein Lied gelungen,
Dein ist der Preiß, du, der ihr Herz durchdrungen!
 
Wohl schmücke denn des Ordens ernstes Zeichen,
das Kreuz der Christen, die geliebte Brust!
Ich darf nicht mehr vor seinem Glanz erbleichen,
mir ist sein schön'rer, tief'rer Sinn bewußt! -
Das Leben flieht, der Erde Schatten weichen!
Bald nimmt uns auf des sel'gen Himmels Lust!
Die Hochzeitsfackeln seh' ich jenseits blinken; -
O, mein Geliebter, unsre Myrthen winken!