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Hermione von
(1854-
 
 Preuschen
1918)
 
 
 
Sinai
 
Die Luft so still und flimmernd, dünn und rein -,
gleichmäßig stampft der Dampfer durch die Fluten,
schaumweißgekrönt, hellgrüne Furchen peitschend,
im Meerespurpur!
Zwischen Welt und Welt
von Afrika und Asien gleiten wir,
dem Roten Meer, dem Glutenozean
mit jeder Welle Prall entgegenatmend.
Die Wüstenkante uns zu beiden Seiten
wie Rosenblätter, mit den lila Schatten
die purpurviolette Flut besäumend.
Phantastisch wilde Wüstenberge steigen
mit spitzen Zacken in kristallne Lüfte.
Dort reckt der Sinai sein ehern Haupt -,
auch er im Rosenglanz!
 
So ist das Leben!
In Glorie, Duft und Leuchten lockt es uns
zu heißen, lichtumflossenen Wunderufern.
Je ferner - um so süßer lockt die Schau,
doch kommst du näher - jugendheiß und gläubig
und streckst die Hände sehnend nach den Wundern,
dann weichen langsam sie vor dir zurück,
dann tun sich dir die starren Wüsten auf -
die dürren, tötend dürren, heißen Wüsten -
 
   vom Sinai-»Gesetz« schroff überragt!