|
Zur Startseite |
Inhalt Register |
< voriges Gedicht nächstes Gedicht > |
Louise (1819- |
Otto
1895) |
|
Romantik Der Mond im Silbernachen Durchzieht die blaue Flut, Er scheint allein zu wachen Wo alles schlummernd ruht. Im Hain und auf den Auen Erglänzt sein magisch Licht, Wo helle Tropfen tauen Ein Baum zum andern spricht: »Das ist die Geisterstunde, Schon naht die Mitternacht!« Da sind im Waldesgrunde Die Elfen aufgewacht. Sie tanzen ihren Reigen Auf Teppichen von Moos, Und lösen von den Zweigen Wohl Blüt' um Blüte los. Das ist ein fröhlich Leben Im hellen Mondenschein, Sie hüpfen und sie schweben Voll Lust waldaus und ein; Bis daß am Himmelsrande Versinkt des Mondes Kahn, Und krähend weckt die Lande Mit Morgengruß der Hahn. Die Elfen fliehn erschrocken In Erd' und Felsenspalt - Der Nebel sinkt in Flocken Auf ihr Versteck im Wald. - Das ist dein Los ja heute Romantik, Elfenland! Du wardst des Tages Beute, Dein süßer Zauber schwand. Und wer ihn noch will hegen, Der muß von hinnen fliehn, Auf tief verborgnen Wegen In's Land der Elfen ziehn, Denn sie sind nicht gestorben, Sie leben fort und fort, Sie hüten unverdorben Noch ihren Wunderhort. Allein nur den Geweihten Erschließen sie den Pfad - Wie ist ein Reich zu neiden, Dem kein Profaner naht! |