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Karoline
(1754-
 
 Rudolphi
1811)
 
 
 
Kinderlied, beym Aufgang der Sonne
 
Auf! Brüder, auf! der Tag bricht an,
Die hohe Sonne fährt heran,
Auf, muntre Brüder, säumet nicht,
Uns winkt ihr allbelebend Licht:
 
Wie sie in königlicher Pracht
Am Himmel dort so freundlich lacht!
O seht sie Segen und Gedeihn
Auf den erwachten Erdball streun.
 
Sie läuft den Weg (ein frommer Held!)
Zu segnen eine halbe Welt.
Sie fährt daher in hoher Kraft,
Und schweigt, und glüht, erwärmt und schafft.
 
Der ächten Tugend Ebenbild,
Auch, wenn sie sich in Wolken hüllt,
Auch, wenn sie ihren Glanz verhält,
Noch liebt, noch segnet sie die Welt.
 
Gott, dessen Allmacht sie erschuf,
Du erschufst auch uns mit dem Beruf -
Nicht mit der schöpferischen Kraft,
Die solche Wunder um uns schafft -
 
Doch mit dem seeligen Beruf,
Mit dem dein Wink die Sonne schuf,
Zu thun zum Glücke deiner Welt,
Was unsern Kräften möglich fällt.
 
Zwar kam für uns noch nicht die Zeit
Zum Thun - o wär sie nicht mehr weit!
Doch Guts zu lernen, niemals ruhn,
Dies, Brüder, sey itzt unser Thun!
 
O seht! o seht! sie nähert sich,
Und alles, alles freuet sich!
Und alles dankt, und alles singt
Dem Gotte, der sie wiederbringt!
 
Auf! Brüder auf! zum Lobgesang
Des Schöpfers tön' auch unser Dank!
Dank sey dem Herrn, der sie gemacht,
Auch von uns Kleinen itzt gebracht.