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Hedwig
(1882-
 
 Caspari
1922)
 
 
 
Moses
 
1. Die Landplagen
 
Da reckte sich der starke Arm in Wucht,
Es fiel wie Hieb zur Erde.
In sich zusammen kriecht der Stab,
Dehnt, ringelt sich empor,
Sieht starr aus Augen ohne Lider.
Kalt bannt der Blick.
Versucherin aus Eden, dich faßt Kraft
Und schlägt mit dir.
 
Wasser gärt.
Verpesteter Sümpfe geronnenes Blut
Quillt auf in ekel süßem Duft.
Lebender Staub,
Schwaden stechender Mücken,
Treibt durch die Luft.
Atme nicht.
Atme nicht stechenden Staub.
Jede Pore,
Jeder Eingang deines Leibes
Ist Plage.
Wolken wälzen über das Feld,
Fressende Wolken.
Wo ist die Frucht,
Der Schweiß,
Die Nahrung schwerer Monde?
Aus Qual des Augenblickes droht
Hunger, Hunger.
Schwärende Gebreste schorfen
Auf blühender Haut.
Liebende betasten
Einander wie Unflat.
Aus Schlamm des Flusses
Kriechen Kröten.
Jeder Tritt
Malmt weichen Leib.
Schleim und Geifer
Klebt auf Speisen.
Finsternis deckt die Erde.
Ungesehener Schrecken wächst
Zum Unfaßbaren.
Finsternis weicht, -
Mütter reden irr,
Zerschlagen die Brüste.
Milch, gemengt mit Blut,
Trieft über Leichen
Der Erstgeburt.
 
Ein Schrei gellt durch das Land:
Wie sind des Todes! -
Doch der Berufene schlägt
Mit lebendigem Stab
Wasser, Erde, Menschen.