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Catharina Regina
(1633-
 
 von Greiffenberg
1694)
 
 
 
Irr-Gedichte / uber die Bäum-Blühte
 
NUn mein Geist flammend reist / durch ertz-Hertz-süsse Wunder /
   GOttes Güte macht ihn munder.
Der Swahnen-weise Flor / der bunte Feder-Chor /
   Verschleust / und lässet ihn nicht mehr herunter.
Der blancke Sorgen-Schild / das Auferstehungs-Bild!
   Die weis Meolig-Schaal mit Nectar angefüllt /
Mich machet heilig toben / den Schöpffer vor zu loben /
   Die weise Blühlein seyn / jetzt meine Adler-Flügel /
Bald wisch' ich dann heraus / in das Unsichtbar mich versetze /
   Es schliest das Auge zu / was vor ihm schwebet /
Die reine Augen-Lust / das Aug verbindet /
   Im Unsichtbarn / zu sehen mehr (verschlossner) findet /
Durch Geist / im Geist / als hundert Argus sehen /
   Luchs-Adler scharff / im hellsten Sonnen-Spiegel stehen.
                           Mein GOTT!
   Wie stellest du durch diese zarte Flor /
      Die Stärcke deiner Allmacht vor?
Die Sichtbar ungesehn / all-jährlich sich erzeiget /
Die weisen Weisheit-Probn / das stumme Schöpfer-Loben /
   Gefünffte Sinn-Gefäß / der Wunden Blut-Rubinnen /
Der säurlich süsse Safft / die mehr als über Englisch Krafft /
      Des süssen JEsus-Blut / mir kommet in den Muth /
So offt der Bäum Blüh' ich anschaue / Gedächtnus-Oerter in sie baue /
Vor dem blutrohten Schweiß / blüht seiner Menschheit Schloß schneeweiß!
Vor der Frucht des Tod- und Blutes / thät' er gutes /
In reinem Wandel / JEsu Blüh der Mandel / Tugend / Liebe / Lob und Ehren.
   Flora meines Hertzen / laß deinen Geist-Wind schertzen /
Und spielen in den Blätlein um / daß mir der süße Ruch zukomm!
Mein weises Kleid / der Göttlichen Gerechtigkeit /
   Erlang ich bin die Blüh' / ohn' Wirck- und Spinnen-Müh' /
   Es kommet mir / wie ihre Zier / Gnad' um Gnade!
Dafür ich danckbar Leben und alles gieb'
      GOTT inniglich lieb' /
   Gleichwie ihre Blätter / weichen der Frucht /
   Also GOtt aller Götter!
   Nehm' alles was dir mißfället von mir die Fluth /
Weisheit / Unschuld / alls verschwindt / nur dein Blut an mir man findt /
   Wie der Weichsel-Keren hafft mitten in dem rothen Safft /
So die Welt zu Gottes Ehr / schimm' in JEsu Wunden-Meer!
Welchs viel grösser ist denn sie / lernet aus der Frucht und Blüh /
   Daß kein Ding auf Erden ist /
   Da die Seel nicht JEsum Christ
   Findet / lobet / hertzt / und küsst.