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Anna Louisa
(1722-
 
 Karsch
1791)
 
 
 
Das Lob des Essens
  An Quintus Icilius
          1764
 
Das Lob des Rebensaftes ward
Von keinem Dichter je vergessen,
Doch keiner sang mit gleicher Art
  Das Lob vom guten Essen.
 
O, wenn wir von dem Hunger stark
Getrieben sind zum vollen Tische,
Erregt alsdann des Rindes Mark,
  Der Brustkern, und die Fische,
 
Das Feldhuhn, oder von dem Reh
Der wohlgebratne zarte Rücken,
Und selbst der Hummer aus der See,
  Dem Gaumen kein Entzücken?
 
Wie? wäre nicht aus Calekut
Der Hahn, und eines Hammels Lende
So liederwerth, als Traubenblut,
  Das ich vortrefflich fände?
 
Sprich, Quintus! wenn Du müd und matt
Ins Lager kamst von Kriegesthaten,
Wie reizte Dich das Schulterblatt
  Des Ebers frisch gebraten!
 
Mit welcher Wollust des Geschmacks
Verzehrtest Du, statt der Melonen
Und Pfirsichen, den trocknen Lachs
  Beträufelt von Citronen!
 
Und wenn Dir noch anjezt Cothen
Nichts darf verbieten, nichts befehlen,
Siehst Du mit Lust die Schüsseln stehn
  Und lobst sie vor Pokälen.