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Francisca
(1894-
 
 Stoecklin
1931)
 
 
 
Der Freund
 
Du bist sehr fern,
der Raum, der unsere Blicke trennt
ist nicht in einem Tag
zu überbrücken.
Nur meine Sehnsucht ist so stark,
daß sie mich kühn
in deine Nähe trägt.
Ich sehe dich
in deines Turmes Einsamkeit,
im kreuzgewölbten Abendzimmer.
Wie eine kleine Gottheit
dunkler Kulte, thronst du
in einem mächtigen Sessel.
Vor dir ein weißes Buch,
in das du Zahl und Zeichen gräbst.
- Die Nacht entsteigt dem Meer
mit Graun und Größe.
Ein spitzer Sichelmond
schwebt auf.
Die Wellen schlagen dumpf
und machtvoll in den unterhöhlten Fels,
darauf dein Turm
wie ein Idol der Dauer steht.
Die Wellen rauschen, schlagen, schlagen
ewig wiederkehrend in den Fels.
Dir ist es wie das Tönen
eines riesigen Herzens.
Und manchmal graut dir,
wenn es gar zu wild
und fiebernd dröhnt.
- Dann wieder fühlst du 's
wie das Pochen deines eignen Herzens.
Das Meer rauscht dumpf
und machtvoll in dem Blut,
und übersteigert
deines Knabenkörpers zarte Kraft.
Du möchtest Tempel bauen,
die wie Pyramiden dauern
und einen neuen Mythos künden.