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Susanna Elisabeth (1657- |
Zeidler
1706) |
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[Vorwort zum Jungferlichen Zeitvertreiber] Tugendliebender Leser Ich zweiffele nicht / es werden sich etliche finden / so dieses geringe Wercklein nicht wenig durch die Hechel ziehen / und für ein unnöthiges Ding und vorwitzige Vermessenheit ausruffen werden / dieweil dem Frauenzimmer übel anstehe / wenn sie sich dergleichen Sachen über ihren Verstand / und dazu ihrer Profession nicht weren unterstehen wolten / davor sie lieber bey ihrem Spinrade / oder Klöppelkissen sitzen bleiben / und anderer Haus-Arbeit warten solten. Viel übler aber werden sie dieses deuten / das solche Gedichte nunmehro auch in Druck ausgangen / welches vielleicht bey ihnen eine ehrsüchtige Ruhmretigkeit wird heissen müssen. Darauff antworte kürtzlich / das mich zu Verfertigung dieser deudschen Gedichte veranlasset zweyerley / erstlich damit ich bey meinen häußlichen Geschäfften und euserlicher Handarbeit auch zugleich meinen Gedancken keinen Müssiggang gestattete / noch Anlaß gebe etwas unnützes oder sündliches zu gedencken / habe ich gegenwärtige so wohl geistl. als weltl. Gedichte / in welchen ich doch verhoffentlich nicht aus den Schranken der Zucht und Erbarkeit geschritten / zugleich ersonnen / denn wie ein Christ bey allen seinen Verrichtungen / gute Gedancken haben / beten / singen / und GOtt loben und dancken soll / also kan auch ein Gedichte / darinnen nichts ärgerliches enthalten / dem Höchsten nicht mißfallen. Zum andern / dieweil ich bey meinem einsamen Dorfleben / von aller anmuthigen Gesellschaft andern Frauenzimmers entfernet / sonst keinen Ergetzlichkeit finden können / als habe ich solche in feinen Historien-Büchern / Lusterweckenden Gesängen / und dergleichen Gedichten gesuchet / dieweil ich von Kindheit auf eine Liebhaberin der deudschen Verse gewesen / und mich in Lesung derselben sonderlich delectiret / wiewohl ich mich vor keine Poetin ausgebe / und meine Verse gar gerne von gelehrten Leuten corrigiren lasse / massen ich auch niemahls von iemand herinnen unterrichten worden. Sondern nachdem alten Sprichwort / Lust und Liebe zu einem Dinge macht alle Mühe und Arbeit geringe / solches von mir selber ein wenig begriffen. Das es aber in Druck gegangen / ist solches fast wieder meinen Willen geschehen / aus der Ursach / weil sich etliche gefunden / welche die von mir verfertigten Gedichte nicht vor meine / sondern frembde Arbeit gehalten / darunter ich meinen Nahmen schriebe / und für die Meinigen ausgebe / deßwegen ichs auch endlich überdrüssig worden / als ein unnützes Ding wenig geachtet und hingeworffen / so das auch viel davon verlohren worden / numehro aber das übrige von meinem Bruder Pastore Substituto allhier fleissig zusammen gelesen / reinlich abgeschrieben / und von ihm und andern Gönnern zum Druck befordert worden. Wird sich nu etwa ein ungläubiger Thomas finden / der nicht in seinen Kopff bringen noch gläuben kan / das Jungfern Verse machen / der mag es bleiben lassen. Man wird ihm deswegen nicht alle Heiligen her schweren / ich lebe der guten Hoffnung / es werden verständige Leute hievon viel anders judiciren. Denn warum solte das Frauenzimmer nicht auch von Natur fähig seyn allerhand Künste und Sprachen zu lernen / so wohl als die Mannspersonen / wie solches mit vielen Exempeln könte bewiesen werden / das aber unnöthig ist / weil solche denen Gelehrten ohne diß genugsam bekant sind. Und letztlich habe ich auch darum diesen meinen Jungferlichen Zeitvertreiber in Druck gegeben / dieweil ich künfftig durch Gottes Schickung meinen Stand verendern werde / und also von meinen guten Bekanten / lieben Freundinnen / und Gespielen scheiden / und über 10. Meilweges von ihnen reisen muß / denenselben gleichwohl ein kleines Gedächtnüß hinterlassen möchte / hoffende / sie werden alles in besten vermercken / und mit beharrlicher Affection zugethan verbleiben der Autorin. Fienstedt d. 6. Martii An. 1684. |
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