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Anna Louisa (1722- |
Karsch
1791) |
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An Goethe Zu Berlin, montags den 18. Mai 1778 Schön' guten Morgen! Herr Doktor Goeth, Euch hab ich gestern grüßen wollen. 's ist wider's Weiber-Etikett, Ich hätt's von Euch erwarten sollen, Daß Ihr, wie sich's gebührt und ziemt, Mich aufgesucht und mich gegrüßet. Ihr aber seid gar weltberühmt, 's war möglich, daß Ihr's bleiben ließet. Ihr seid des Herzogs Spießgesell, Habt mehr zu tun und mehr zu schaffen Als mit Eurem Auge groß und hell Nach einem alten Weib zu gaffen. Drum sprang ich übers Zeremoniell Hinweg mit Leichtmut und mit Lachen, Zog mir mein Sonntags-Kleidchen an Und ging, Euch meinen Knix zu machen, So tief ich immer kann Mit dorfgebornen Knie. Ich ging umsonst, Ihr wart Schon fort in aller Frühe Zu Männern feiner Art. Nun will ich's nicht mehr wagen. Mein Geist, ein fixes Ding, Soll »guten Morgen« sagen Dir Musendämmerling, Dir Sekretär des Fürsten, Der auf dem Parnaß sitzt Und, wenn die Dichter dürsten, Mit Wasser sie besprützt Aus Einem Born, der mächtig Und wundertätig ist. Er macht's, daß Du so prächtig, So stark im Ausdruck bist, Daß Dir's vom Munde fließet Wie Honig, den im Wald Ein Wandersmann genießet, Dem seine Kräfte bald Erschöpft sind wie die meinen. Jüngst sollt ich im Revier Des Pluto schon erscheinen, Ein Schiffer winkte mir. Ich ward ihm noch entrissen Durch des Apollon Gunst, Wie's nachzuzeichnen wissen Des Chodowieki Kunst. Ich sollte dich noch sehen! Geschieht es nicht bei mir, Kann's beim Andrä geschehen, Der ist ein Freund von Dir, Wie's wenige nur gibet; Von Herzen schätzt er Dich, Und bei dem allen liebet Er Dich nicht mehr als ich. |